In den beiden Beschlüssen vom 4. Mai 2020 zur Richterbesoldung des Landes Berlin und zur amtsangemessenen Alimentation von Beamten und Richtern mit mehr als zwei Kindern in Nordrhein-Westfalen hat das Bundesverfassungsgericht seine deutliche Rechtsprechung von 2015 zum Inhalt und Mindestmaß der Alimentation als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums fortgeführt und die Alimentationsrechte der Richterinnen und Richter und der Beamtinnen und Beamten gestärkt. Das BVerfG konkretisiert und verschärft mit diesen Entscheidungen seine 2015 entwickelten Grundsätze und Verfahren zur Überprüfung der Amtsangemessenheit der Beamten- und Richterbesoldung, insbesondere hinsichtlich der Zusammensetzung des für die Ermittlung der Mindestalimentation maßgebenden sozialrechtlichen Existenzminimums. So muss der Abstand der untersten Besoldungsgruppen zum Grundsicherungsniveau der Sozialhilfe mindestens 15 Prozent betragen. Nach diesen Vorgaben des BVerfG hat auch die Landesregierung eine Überprüfung der saarländischen Besoldungssituation vorgenommen.
Im Spitzengespräch zwischen der Landesregierung und den gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen am 20. September 2022 wurde ein entsprechender Gesetzesentwurf vorgestellt. So sollen zur Sicherstellung einer verfassungsgemäßen Mindestalimentation die Grundgehälter der untersten Besoldungsgruppen in der ersten und zweiten Erfahrungsstufe sowie die Familienzuschlagserhöhungsbeträge erhöht werden. Zudem soll der Familienzuschlag ab dem dritten Kind deutlich angehoben werden. Das maßgebliche sozialrechtliche Existenzminimum und die Nettomindestalimentation wurden auf Grundlage saarlandspezifischer Daten für eine vierköpfige Bedarfsgemeinschaft ermittelt und sind Teil der Gesetzesbegründung. Die Erhöhungsregelungen sollen rückwirkend zum 1. Januar 2022 in Kraft treten.
Ewald Linn, dbb Landeschef: „Die schnelle Umsetzung der beiden Beschlüsse des BVerfG vom 4. Mai 2020 zur Grundsicherung und amtsangemessenen Alimentation für Beamte mit drei und mehr Kindern rückwirkend zum 1.1.2022 ist der richtige Weg und unterbindet weitere rechtliche Konflikte. Ob der von der Landesregierung gewählte Weg tatsächlich ausreichend ist, um den komplexen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu genügen, ist zu prüfen. Auf den ersten Blick scheint jedoch fraglich, ob angesichts der doch sehr hohen Inflation und der explodierenden Heizkosten die Grundsicherung angehoben werden muss und ob dann noch der von der Landesregierung berechnete Abstand zum Grundsicherungsniveau ausreichend ist bzw. die angenommenen Zahlen zutreffen.“
Mit Schreiben vom 5. September 2022 forderte der dbb saar die Landesregierung auf, die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro auch für die saarländischen Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger zügig umzusetzen. „Dass die Landesregierung dies nun zum 1. Dezember 2022 umsetzen will, ist aus Gründen des Gleichheitsgrundsatzes folgerichtig“, so Ewald Linn.