31. August 2020

Amtsangemessene Alimentation im Saarland

dbb stellt Musterantrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation für das Haushaltsjahr 2020 zur Verfügung

Im Hinblick auf die Besoldungsentwicklung im Saarland seit 2011 und einer möglichen Rechtswahrung stellt der dbb saar den Landes- und Kommunalbeamtinnen und -beamten sowie Versorgungsempfängern - wie bereits in den Haushaltsjahren 2018 und 2019 - auch im Haushaltsjahr 2020 einen Antrag auf amtsangemessene Alimentation beim Dienstherrn zur Verfügung. Die gestellten Anträge auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation in den Jahren 2011 bis 2015 haben noch Rechtsgültigkeit!

Ausgangslage

Der fehlgeleitete Wettbewerbsföderalismus seit 2006 hat insbesondere im Haushaltsnotlageland Saarland dazu geführt, dass die Tarifergebnisse für die Tarifbeschäftigten nur zeitverzögert, teilweise oder gar nicht (Nullrunde 2011) übertragen wurden. Hinzu kommt der dem Abstandsgebot zuwiderlaufende zeitliche Versetz in höheren Besoldungsgruppen und die Beibehaltung der Kostendämpfungspauschale in der Beihilfe. Diese Sparmaßnahmen seit 2011 haben dazu geführt, dass das Saarland im Besoldungsranking (Jahresgehalt) von Bund und Ländern zum Schlusslicht degradiert wurde. Mit dem vom dbb saar in der Einkommensrunde 2019 am 16. April 2019 erreichten Gesamtvolumen von 8,1 Prozent in der Besoldungstabelle für die Jahre 2019-2021, das um 0,3 Prozentpunkte höher liegt als der Tarifabschluss für die Landesbeschäftigten, konnte der bisherige Abstand zu den anderen Bundesländern in der Besoldungstabelle nur geringfügig reduziert werden. Zudem bedeutet die erneute zeitliche Verschiebung der Besoldungsanpassung (ab 1. August 2019 +3,2 %, ab 1. Juni 2020 +3,2 % und ab 1. April 2021 +1,7 %) gegenüber dem Tarifbereich (1. Januar 2019, 2020 und 2021) – und dies bereits im zehnten Jahr in Folge – einen weiteren Einkommensverlust im Jahreseinkommen für die Beamtinnen und Beamten des Landes und der Kommunen. 

Rechtsprechung mit Signalwirkung

Das Bundesverfassungsgericht hat am 04. Mai 2020 (2 BvL 4/18) festgestellt, dass die Richterbesoldung im Land Berlin in den Jahren 2009 bis 2015 in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen war. In seinem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht seine deutliche Rechtsprechung von 2015 zum Inhalt und Mindestmaß der Alimentation als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums fortgeführt und die Alimentationsrechte der Richterinnen und Richter, Soldatinnen und Soldaten und der Beamtinnen und Beamten gestärkt. Dabei hat es ausdrücklich betont, dass eine Gesamtschau verschiedener Kriterien vorgenommen werden und alle drei von ihm in seinen Entscheidungen aus dem Jahr 2015 aufgestellten Stufen geprüft werden müssten, selbst wenn in der ersten Stufe nicht drei der fünf aufgestellten rechnerischen Parameter erfüllt seien. Damit wird eine Jahrzehnte andauernde, rechtlich komplexe Kontroverse nachvollziehbar, transparent, ausgewogen und rechts- und zukunftssichernd entschieden. Dem Land Berlin wurde bescheinigt, dass es den Pflichten und Vorgaben des Grundgesetzes nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Das Urteil dürfte bundesweite Signalwirkung haben. Denn der weite gesetzgeberische Gestaltungsspielraum der Besoldungsgesetzgeber muss immer im Einklang mit den Verfassungsvorgaben des Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz und den dort enthaltenen Kriterien stehen. So muss das Land Berlin spätestens ab 1. Juli 2021 verfassungskonforme Regelungen treffen. Auch der Besoldungsgesetzgeber des Saarlandes sollte die Entscheidung analysieren und prüfen, ob Änderungen notwendig sind, um gegebenenfalls sachgerechte Neuregelungen der Besoldungsbedingungen für die Zukunft zu treffen und nicht abwarten, bis das Bundesverfassungsgericht die offenen Rechtsverfahren (Vorlagebeschlüsse des OVG und des VG des Saarlandes aus dem Jahre 2018) per Beschluss entscheidet und dem Land den Entscheidungsspielraum nimmt. Hierzu hat dbb-Landesvorsitzender Ewald Linn dem Ministerpräsidenten im Gespräch am 12. August 2020 vorgeschlagen, dass die bereits eingerichtete „Besoldungskommission zur Weiterentwicklung der saarländischen Besoldung“ unter Beteiligung der gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen Lösungen im Gesamtkomplex erarbeiten könnte. 

Offene Rechtsverfahren - Ausblick

Das OVG des Saarlandes hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2018 festgestellt,  dass die Besoldung der Beamten des Saarlandes in der Besoldungsgruppe A 11 in den Jahren 2011 – 2016 in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen war und hat das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Nach Auffassung des OVG ergeben sich beim Vergleich der Beamtenbesoldung mit der Entwicklung der Tariflöhne im öffentlichen Dienst, des Nominallohnindexes sowie des Verbraucherpreisindexes und unter Berücksichtigung des Abstands der untersten Besoldungsgruppe zum sozialrechtlichen Grundsicherungsniveau ausreichende Indizien, die eine umfassende Betrachtung und Gesamtabwägung der Verfassungsmäßigkeit des Alimentationsniveaus erforderlich machen. Auch das VG des Saarlandes hat zur Richterbesoldung das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Bis diese beiden Verfahren (Verhandlungstermine noch nicht bekannt) eine endgültige Klarheit über eine amtsangemessene Alimentation im Saarland bringen werden, stellt der dbb den Beamtinnen und Beamten im jeweiligen laufenden Haushaltsjahr Musteranträge zur Verfügung.  

Hinweis: Die nächste Einkommensrunde Länder beginnt im September 2021!

Anmerkung: Viele Beamtinnen und Beamte wünschen sich eine Rückkehr zur bundeseinheitlichen Besoldung – wie vor 2006. Hierzu gibt es auch zahlreiche Anträge an den Landes- und Bundesgewerkschaftstag des dbb. Trotz Bemühungen des dbb ist derzeit jedoch keine politische Mehrheit auf Bundes- und Länderebene für eine Grundgesetzesänderung erkennbar!

 

Musteranträge auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation für das Haushaltsjahr 2020 stellen die jeweiligen Fachgewerkschaften des dbb ihrenMitgliedern zur Verfügung!